Mein Problem mit Synth Libraries

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Mit diesem Post möchte ich quasi den Post über Sample Libraries ergänzen. Auslöser war, dass in Suchen nach neuen virtuellen Musiktools immer wieder Synth-Libraries auftauchten, was letztendlich nie mein Ziel war. Warum ich das als Problem erachte, versuche ich zu erläutern.

Definitionen

Vorab ein paar Definitionen, die im darauf folgenden Teil des Posts wichtig für das Verständnis und die Einordnung sind.

Was sind Synthesizer?

Ein Synthesizer ist ein elektronisches Musikinstrument, das künstliche Klänge durch elektronische Schwingungen erzeugt. Zum Einsatz kommen dabei mitunter Oszillatoren, Filter, Hüllkurven und Effekte. Ein Synthesizer kann eine Vielzahl von Klängen erzeugen, die teilweise sogar an akustische Instrumente angelehnt sind. Entscheidend ist dabei, dass der Klang komplett neu generiert wird. Es gibt ihn als Hardware- oder Software-Version. In Form von Software sind die Plugins zumeist eher klein in der Datengröße.

Was sind für mich Synth Libraries?

Synth Libraries sind für mich Sample Libraries, die statt akustischer Instrumente nur Synthesizer aufgenommen haben. Es ist für mich also eine Mischform von Synthesizer und Sample Library. Meiner Vermutung nach überwiegt dabei Letzteres, wenn man mal die Datengrößen solcher Produkte betrachtet.

Was ist mein Problem?

Ich suche hin und wieder nach neuen Tools, mit denen ich arbeiten kann. So suchte ich schon mehrmals nach neuen Synthesizer Plugins, die ich in meinem Musikprogramm nutzen könnte. Es kam dabei nicht selten vor, dass ich auf Suchergebnisse über z.B. die KVR Pluginsuche stieß, die meines Erachtens technisch betrachtet nicht korrekt kategorisierte Produkte listete. So gab es viele Produkteinträge, die einen Synthesizer implizierten, aber im Grunde nur eine Sample Library waren. Meine erneute spontane Suche vom 19.04.2023 ergab mitunter folgende Produkte: Sika Pro X, Mosaic Neon, DV8, Revelation Fusion Harp, Usynth oder Synth AI. Letzteres Produkt hat mit seinem zu künstlicher Intelligenz implizierenden Namenszusatz für mich sowieso den Vogel abgeschossen. Gemeint ist hier nämlich "Animated Intelligence" und hat nichts mit den herkömmlichen Methoden (z.B. Machine Learning) bzgl. A.I. zu tun. Ich erachte das als eine Art Clickbait.

Mal am Rande: Wie geil wäre denn bitte ein KI gestützter Synth!? Achso moment, da gibt es ja bald Synplant 2, das gemäß der Angaben von Sonic Charge im Forum nämlich wirklich Machine Learning nutzt, um neue Klänge zu erzeugen. Womit ich sagen möchte: es geht also auch ehrlich und zukunftsorientiert ohne Buzzword-Name für das Produkt.

Eh, so, zurück zur Sache. Was ist auch gleich das Problem? Nun: es handelt sich offensichtlich um Sample Libraries und keine reinen Synthesizer. Die meisten Produkte benötigen z.B. den Software Sample-Player Kontakt und sind somit kein eigenständiges Plugin. Hinzu kommt der Punkt, dass die Produkte viel Datenplatz benötigen. Das reicht von einigen hundert Megabytes bis hin zu vielen Gigabytes. Die Synths, die ich gängiger Weise nutze sind eher so 3 bis 20 Megabyte groß. Ich finde es also fraglich, wie ein "Synthesizer" (Synth AI) mit 24 Gigabyte Datengröße über 8000 mal größer sein kann als ein kleineres Equivalent aus der vermeintlich gleichen Kategorie: nämlich "Synthesizer".

Ja, aber was ist denn jetzt ganz konkret das Problem? Das Problem für mich ist die Differenzierung. Genauer gesagt der Mangel an Differenzierung. Wenn ich konkrete Tools für Musikproduktion suche, möchte ich keine falschen Ergebnisse in der Liste haben. Zudem möchte ich nicht, dass vermeintlich verlockende Namenszusätze etwas komplett anderes implizieren, als das Produkt letztendlich bietet. Das ist in meinen Augen gewisser Maßen ein falsches Werbeversprechen und ich fühle mich als potentieller Kunde im Endeffekt eher hereingelegt. Für so etwas gibt es den 1. April. Die genannten Produkte sind allerdings offensichtlich das ganze Jahr über erhältlich.

Wann wäre es kein Problem?

Ich kann verstehen, dass es einige (meiner Meinung nach esoterische) Produzenten gibt, die Hardware über Software stellen. Eventuell wäre es dann für Produzenten, die sich keine teure Hardware leisten können, eine Art Kompromiss, sich eine Hardware-Synthesizer Sample Library zu kaufen. Obgleich ich auch hier die Ironie sehe, dass diese Hardware letztendlich auch nur über einen digitalen Sample Player abgespielt wird und letztendlich auch nur über Software läuft.

Mir könnte das natürlich alles egal sein, wenn es mich nicht doch öfter als gewollt tangieren würde. Ich wünschte mir also entsprechend eine klarere Differenzierung seitens gewisser Suchmaschinen und seitens der Industrie, die dahinter steckt. Da mithilfe gewisser Buzzwords Kundschaft sicherlich auch im Endeffekt erst angelockt wird, wird sich da eventuell so schnell nichts ändern. Natürlich könnte man alternativ seine Kapazitäten auf neue Technologien konzentrieren und wirklich originelle Dinge schaffen. Aber das ist sicherlich mit größerem Risiko verbunden und bringt vielleicht wirtschaftlich betrachtet nicht den gwünschten und gesicherten Mehrwert.

Fazit

Es gibt Sample Libraries, die den Anschein erwecken, ein Synthesizer zu sein, was technisch letztendlich nicht so ganz stimmt, wie ich finde. Durch die Intransparenz der Produktseiten und die irreführende Auflistung auf Suchseiten erschwert es zunehmend den Überblick über die vorhandenen Tools. Das erachte ich als sehr mühsam.

Zumal es "bildungstechnisch" für Newcomer in der Branche eventuell ein verzerrtes Bild geben könnte. Mein bisheriger Eindruck mit Neulingen, die in Chats Fragen stellen, ist, dass diese die grundlegensten Dinge nicht zu differenzieren wissen. Wer weiß, ob so intransparente Produktvermarktung nicht auch einen Teil zu diesem Missstand beigetragen haben könnte.

Mir als Musiker und Produzent bleibt in so einem Fall kaum etwas anderes übrig als beispielsweise abzuspeichern, welche Firmen diese Taktik letztendlich anwenden. Und auf mich wirkt es nach nicht wirklich viel mehr als das: eine Taktik. Entsprechend muss ich versuchen gewisse Firmen, die solche Produkte rausbringen wenigstens bei den Suchen nach Synthesizern auszublenden. Wäre cool, wenn z.B. die KVR Suchmaschine hierbei diese Filterung für mich vornehmen könnte!

Nachtrag

13.09.2023: Ich fand heute heraus, dass auf KVR das Tag Sample-based Synthesizer existiert. Da frage ich mich, warum meine anderen Funde dieses Tag nicht nutzen. Ich unterstelle hier nach wie vor ganz plump einfach mal, dass die jeweiligen Firmen damit eine irreführende und intransparente Marketingstrategie verfolgen.